Alles war in dieser einen Tasche. Die Träume, das Geld, die Kleidung; alles, was sie hatten, als sie dort gingen und hier ankamen. Dreizehn Jahre ist das her, November 1995. Sie kamen an in Friedland, niedersächsische Kleinstadt, der Ort, an dem Deutschland seine verlorenen Söhne und Töchter zu empfangen pflegt. Im zentralen Aufnahmelager für Spätaussiedler.
Die Zeit hier, vier Jahre schon, kommt ihm manchmal vor wie ein Stachel, mit dem man in seine Biographie sticht. In sein Leben. Jenes vor dem Knast. In dem er eine gute Kindheit hatte, Erfolg in seinem Beruf als Handelsvertreter, zwei wohlgeratene Töchter und zwei glückliche Ehen, letztere seit über zwanzig Jahren. Dann die Verurteilung. Sechs Jahre Freiheitsstrafe wegen Anlagebetrugs.
Seit Monaten geht das nun schon so. Auf dem Weg in sein Büro im Stuttgarter Rathaus muss er jeden Morgen vorbei an diesem überdimensionierten Plakat in der Empfangshalle. „Stuttgart 21“ steht darauf, „unsere grüne Stadt.“ Und darunter ein Panorama aus Parks, glücklichen Menschen und voll verglasten Büros.
„Wir machen hier alle weiter.“ Sagt Thorsten Torchalla, 47 Jahre alt, Bergmann seit 1983, Markennummer 1188. „Dat is hier trotz allem so ne innere Verpflichtung im Berchbau.“ Weitermachen bis zum Schluss. Einen schmutzigen Job zu einem sauberen Ende bringen.