DIXI

Am Anfang ist die Windel. Das erste Klo im Leben des Menschen. Zugleich die mobilste aller sanitären Einrichtungen. Wenn die Firma Adco für ihr Kerngeschäft wirbt, dann stellt sie diese Botschaft immer voran. Eigentlich, so sagt man bei Adco, ist ihr Produkt "so etwas wie eine Windel für Erwachsene. Nur größer.

Adco ist der weltgrößte Betreiber von Mobiltoiletten, bekannter unter seinem Markennamen: Dixi-Klo. Davon hat Adco mittlerweile 170.000 in 31 Ländern aufgestellt. Allein in Deutschland sind es 80.000 der blauen Büdchen - auf Baustellen, auf Golfplätzen, bei Open-Air-Konzerten und Feuerwehrfesten.

Die Schaltzentrale des Toilettenimperiums liegt im Gewerbepark von Ratingen, einer schmucklosen Stadt nördlich von Düsseldorf. Im Konferenzraum erklärt an diesem sonnigen Nachmittag Johannes Borgmann die Sache mit den Windeln. Borgmann, 53, ist einer von fünf Geschäftsführern bei Adco, zuständig für das Marketing.

Borgmann, ein gut gekleideter, drahtiger Mann, sagt zu Beginn erstmal, dass er froh sei, vor vielen Jahren bei Adco gelandet zu sein. Etwas Krisenfesteres gebe es ja kaum und außerdem: "Aufs Klo gegangen wird immer." Wer nun aber denkt, damit wäre die Geschäftsgrundlage von Adco abschließend beschrieben, den belehrt Borgmann eines besseren. Denn Dixi ist nicht gleich Dixi.

Die Firma vertreibt ihre Toiletten in zwei verschiedenen Produktlinien, die sich vor allem im Ambiente unterscheiden. Während Dixi für Standardausführung steht, firmiert das Premiumsegment unter dem Namen "toi toi". Im Produktkatalog, den Borgmann dem Besucher reicht, heißt es: "Die Dixi ist die solide Lösung, wenn es um eine ebenso funktionale wie robuste Sanitärkabine geht." Und auf der nächsten Seite: "Toi Toi Classic ist die mobile Toilette für all jene, die mehr verlangen. Die extra große Grundfläche sorgt für eine hohe Standsicherheit und viel Platz im Innenraum. Integriert ist auch ein formschönes Urinal."

Einer, der sich bei Adco um diese Grundflächen und formschönen Urinale kümmert, steht an diesem Morgen vor seinem Lkw und genießt die Frühlingsluft bei einer Zigarette. Matthias Wieser ist einer der vielen Servicefahrer des Unternehmens. Jener Leute, die Sorge tragen dafür, dass die mal mehr, mal weniger intensiv genutzten Klos wieder in Schuss kommen. Und natürlich auch dafür, dass neue Kapazitäten darin frei werden. Die Servicefahrer sammeln den Inhalt der Mobiltoiletten, die ja keinen Anschluss an die öffentliche Kanalisation haben, und entsorgen ihn am Ende bei der nächsten Kläranlage.

Wieser drückt die Zigarette aus. Er steigt in seinen Lkw mit dem darauf montierten Abwassertank und fährt die nächste Baustelle an. Die Arbeit erledigt er mit Routine, in sechs bis acht Minuten hat er eine Toilette "geschafft". 40 Stück reinigt er jeden Tag. Er saugt die Fäkalien mit einem armdicken Schlauch ab, wechselt das Klopapier und spritzt die Kabine mit einem Hochdruckreiniger aus. Im Grunde sei das keine schwere Arbeit, sagt er - verglichen mit den 25 Jahren, die er zuvor als Maurer geschuftet hat. Nur manchmal komme es heftiger, beispielsweise bei umgekippten Kabinen.

Aber auch das ist eben Teil von Wiesers Job - schließlich garantiert Adco seinen Kunden einen Rundum-Service. Von der eigenen Herstellung der Kabinen in einem Werk bei Eisenach über die Reinigung bis zur Entsorgung. Damit hebt man sich ja auch von der Konkurrenz ab, den rund 200 kleinen Mitbewerbern, die sich die restlichen 40 Prozent des Mobiltoilettenmarktes aufteilen.

1,26 mal 1,26 Meter misst die Grundversion des Adco-Produktes. Die Geschichte dieser mobilen Privatsphäre begann 1973. Damals wollte der in Deutschland stationierte US-Soldat Fred Edwards während der Manöver nicht mehr dicht neben seinen Kollegen auf dem Donnerbalken sitzen, sie hören und sehen. In seiner Garage schraubte er ein kleines Häuschen zusammen: ein Urinal, eine Fallgrube mit Loch und vor allem dem ersehnten Sichtschutz. Edwards wählte auch den Namen Dixi - das klang schön lustig und leicht für eine eher schmuddelige Angelegenheit.

Zehn Jahre lang war er Monopolist auf dem deutschen Markt - dann kam Harald Müller, zimmerte in Wiesbaden ein sechseckiges Designobjekt zusammen, nannte es "toi toi" und war fortan Edwards großer Konkurrent. Bis 1997 der Amerikaner an Müller verkaufte, der dann die Firma Adco gründete und seitdem die unumstrittene Nummer eins ist im Geschäft mit dem Geschäft. Auf fast 200 Millionen Euro Umsatz kam er im vergangenen Jahr.

Wichtiger noch als schlichte Zahlen ist: Dixi hat es geschafft, zu einer Marke zu werden. Selbst der Heilige Vater aus Rom suchte vor drei Jahren auf dem Weltjugendtag in Köln eine Toilette aus Ratingen auf. "Eine Imagekampagne, die kaum zu toppen ist", sagt Johannes Borgmann noch heute begeistert.

Für den Heiligen Vater wurde eigens eine Art Dixi-Klo in Übergröße aufgestellt - ein ganzer Container mit Anziehraum und integrierten Marmorwänden. Ein VIP-Dixi, wie es dutzendfach auch ein Jahr später bei der Fußball-WM in Deutschland zum Einsatz kam.

Auf Unterschiede in der Ausstattung der Toiletten muss Adco auch bei der Expansion ins Ausland achten. "Der Deutsche", sagt Borgmann, "ist ja ein vergleichsweise anspruchsloser Toilettengänger." Die Freifallkabine reiche. Der Engländer hingegen wolle spülen danach, der Portugiese und der Spanier bestehe auf Sichtschutz unter der Brille, um entspannen zu können.

"Überhaupt Spanien", seufzt Borgmann: das Land der langen Siesta sei das Sorgenkind in Europa. Die Bauarbeiter - in jedem Land die wichtigste Klientel - verwehren sich den Gang auf die Toilette bis zum Mittag. Und wer nicht zu weit weg wohnt von daheim, geht dann in den drei Stunden der Siesta nach Hause. So könne natürlich keine Mobiltoilettenkultur entstehen.

Besser sind da schon die Aussichten in den beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Erde, Indien und China. "Das sind riesige Märkte, in die wir noch viel stärker hinein wollen." Gerade im Zuge des gigantischen Baubooms sei die Mobilität aus Deutschland in Fernost sehr gefragt.